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Elektrische Messtechnik: Digitalisierung und Messbrücken

Einführung

Sie haben im Grundlagenlabor bereits viele Elemente der elektrischen Messtechnik kennengelernt - wie man Spannungen, Ströme und Widerstände misst; und die Geräte Multimeter, Oszilloskop sowie Power Analyzer kennengelernt.

In diesem Unterrichtsblock behandeln wir drei weitere Themen die für die elektrische Messtechnik wichtig sind; die Digitalisierung, die Messung von Impedanzen, sowie Messbrücken. Ich setze hier voraus dass Sie von eltU her wissen, wie man Spannungsteiler, Serie- und Parallelschaltungen von Widerständen und Kondensatoren sowie Impedanzen von Kondensatoren und Spulen berechnet. Falls Sie dazu nicht mehr sicher sind, dann lesen Sie diese Themen bitte selbständig nach. Falls Sie irgendwo das Binärsystem bereits behandelt haben, dann lesen Sie bitte auch dieses Thema nach.

Repetition Grundlagenlabor

In diesem Abschnitt wiederhole ich die wichtigsten Themen aus dem Grundlagenlabor und eltU zu elektrischer Messtechnik.

Allgemein kommen Ströme und Spannungen als Gleich- oder Wechselgrössen (oder sogar Mischgrössen) vor; Gleichgrössen sind viel einfacher zu behandeln, da man eigentlich nur Strom, Spannung und Leistung messen kann. Bei den Wechselgrössen kann zusätzlich die Frequenz, die Phasenverschiebung zwischen Strom und Spannung (bzw. heute allgemeiner, der Leistungsfaktor), sowie Schein, Wirk- und Blindleistung gemessen werden.

Aufgabe

Im Grundlagenlabor haben Sie den Leistungsfaktor λ als Verallgemeinerung der Phasenverschiebung (cos Φ) kennengelernt. Versuchen Sie sich daran zu erinnern, was der Unterschied von cos(Φ) und Leistungsfaktor λ ist!

Tipp
Eine Phasenverschiebung ist nur für zwei Signale gleicher Frequenz sinnvoll definiert.
Lösung anzeigen
In eltU haben Sie mit sinusförmigen Strömen und Spannungen mit einer einzigen fixen Frequenz gerechnet; dann kann man eine Phasenverschiebung zwischen den beiden Signalen angeben, wie im Bild, das Strom (grün) und Spannung (gelb) am Kondensator zeigt wenn ein Sinus anliegt;z.B. indem man die Zeitdifferenz der Nulldurchgänge der beiden Signale misst.

Im Grundlagenlabor haben Sie gesehen, dass die Netzspannung nicht nur aus einem 50-Hz-Sinus besteht, sondern dass auch die ungeradzahligen Oberwellen vorkommen (3-fache, 5-fache, 7-fache etc der Grundfrequenz). Beim Versuch mit dem Kondensator an Netzspannung haben Sie gesehen dass der Strom überhaupt nicht mehr sinusförmig war, weil der Kondensator die Oberwellen verstärkt. Auch dies zur Erinnerung nochmals im Bild: Die Spannung (hellgrün) ist schon verzerrt, der Strom (dunkelgrün) hingegen viel stärker. Während die Spannung noch wohldefinierte Nulldurchgänge aufweist, hat der Strom viele Nulldurchgänge in einer Signalperiode; es ist also schon ganz unklar wie man hier eine Phasenverschiebung angeben will.

Aufgabe

Sie haben in der Analysis und auch im Grundlagenlabor gelernt, dass man diese verzerrten Ströme und Spannungen als Fourierreihen darstellen kann. Wie könnte man mit Hilfe der Fourierreihe dennoch eine Phasenverschiebung der beiden Signale Strom und Spannung im obigen Bild angeben?

Tipp
Eine Phasenverschiebung ist nur für zwei Signale gleicher Frequenz sinnvoll definiert. Man muss also die überzähligen Frequenzen ignorieren!
Lösung
Der Power Analyzer gibt auch für ganz seltsame Signale wie oben eine Phasenverschiebung an, indem er für Strom wie auch für Spannung die Fourierreihe bestimmt, und dann für beide Signale nur die Grundfrequenz betrachtet. Diese "Grundwelle" hat für beide Signale die Frequenz 50Hz, somit kann eine Phasenverschiebung bestimmt werden - aber sie hat nicht mehr die gleiche Bedeutung wie für ein reines Sinussignal, insbesondere gilt nicht mehr P = U·I·cos(Φ)!

Spannungsmessung

Im digitalen Multimeter (DMM) wird als Grundgrösse eine elektrische Spannung mittels eines Analog-Digital-Wandlers (ADC) gemessen. Der ADC kann typischerweise Spannungen von ±10 V (oder ähnlich) direkt messen und digitalisieren (also als ganze Zahl zwischen 0 und N-1 darstellen). Kleinere Spannungen müssen verstärkt, grössere abgeschwächt werden, damit sie gemessen werden können. Multimeter können eigentlich nur Spannungen messen. Billige Multimeter können nur Gleichspannungen messen. Zur Messung von Wechselspannungen wird ein Gleichrichter eingesetzt; die Geräte messen also den Gleichrichtwert. Gute Multimeter („true RMS“) tasten das Wechselspannungssignal schnell ab, und können aus dem Signalverlauf alle möglichen Kenngrössen eines Wechselspannungssignals – wie z.B. den Effektivwert – errechnen. Sie lernen diese Geräte im Energielabor kennen. Bei der Messung von sehr kleinen Spannungen (mV, µV) können Thermospannungen die Messung verfälschen.

Strommessung

Soll ein Strom gemessen werden, so wird er mit Hilfe eines im Multimeter eingebauten, bekannten Widerstands (U = RI) in eine Spannung umgewandelt, die mit dem ADC gemessen werden kann. Damit das Multimeter den zu messenden Strom möglichst wenig beeinflusst, ist dieser Messwiderstand „klein“; d.h. ca. 1Ω (je nach Messbereich verschieden!!). Diese kleinen Messwiderstände heissen auch „Shunt“ oder „Shuntwiderstand“.

Wechselspannung, Wechselstrom

Teure bzw. gute DMMs digitalisieren Spannungs- und Stromsignale mit einer genügend hohen Abtastfrequenz, um direkt Momentanwerte von Strom und Spannung zu bestimmen; dadurch können die Effektivwerte für beliebige Signalformen berechnet werden. Aus dem Produkt der Momentanwerte folgt sofort der Momentanwert der Leistung, dessen Mittelwert die Wirkleistung ist – und somit kann schliesslich auch die Blindleistung berechnet werden.

Aufbau von Messschaltungen mit DMM

Bei der Strom- und Spannungsmessung wird das DMM wie folgt in die elektrische Schaltung eingesetzt:

Bei der Spannungsmessung wird das Multimeter parallel geschaltet, bei der Strommessung in Serie. Dabei soll das Multimeter die elektrische Schaltung möglichst wenig beeinflussen. Daher gilt: Bei der Spannungsmessung soll der Innenwiderstand des Multimeters möglichst hoch sein (typisch ist 10 MΩ), damit möglichst wenig Strom durch das Multimeter fliesst. Bei der Strommessung hingegen soll das Multimeter einen möglichst kleinen Innenwiderstand haben, damit kein relevanter Spannungsabfall über das Multimeter entsteht. Der Innenwiderstand bei der Strommessung hängt vom Messbereich ab.

Messunsicherheit von DMM

Die Gleichspannungsmessung ist die Grundmessgrösse des DMM. Sie ist daher immer die Grösse, die das DMM am genauesten bestimmen kann. Billige Handmultimeter sind bei der Gleichspannungsmessung auf ca. 1% genau, teure Tischmultimeter sind viel genauer, oft besser als 0.01%. Die Angabe der Messgenauigkeit erfolgt typischerweise als ±(% vom Messwert + % vom Messbereich); dabei wird oft auch die Form ±(% vom Messwert + Anzahl Digits) gewählt. Ein Beispiel mag dies verdeutlichen: Ein Handmultimeter hat als Genauigkeitsangabe ±(0.9% vom Messwert + 2 Digits) und zeigt den Messwert 3.300V an. 0.9% des Messwerts sind 0.0297V, 2 Digits sind 2 Einheiten der letzten angegebenen Ziffer, also 0.002V. Damit ist die Messgenauigkeit ±0.0317V (oder gerundet ±0.032V). Bei guten/teuren Messgeräten wird oft auch angegeben, bei welcher Temperatur sie kalibriert wurden, und wie stark die Messungenauigkeit bei abweichenden Temperaturen zunimmt.

Bei der Messung eines Stroms ist die Messgenauigkeit geringer als bei der Spannungsmessung, da der Shunt nicht beliebig präzis ist. Es gibt also zu der Messunsicherheit der Spannung noch die zusätzliche Messunsicherheit des Shunts, wodurch die Strommessung weniger genau ist als die Spannungsmessung.

Auflösung von DMM

Der interne ADC des Multimeters hat eine gewisse Auflösung, d.h. es gibt eine minimale Schrittgrösse des Messwerts die nicht unterschritten werden kann. Beispiel: das Multimeter Typ Fluke 179 ist ein „6000-count“ Multimeter, d.h. der ADC kann 6000 Werte ausgeben. Im Messbereich von 0-6V kann somit 1mV (= 1 digit) Auflösung erzielt werden.

Stellen / Digits von Multimetern

Wenn ein Multimeter einen ADC hat, der 10‘000 verschiedene Werte annehmen kann, so sagt man aus naheliegenden Gründen, es habe ein „4-digit display“ (weil es hauptsächlich Zahlen von 1...9999 darstellen kann, also vierstellige Zahlen). Hat ein Multimeter einen ADC der nicht eine Zehnerpotenz von Werten annehmen kann, so behilft man sich mit nicht-ganzzahlige Stellen – Fluke wirbt für das 6000-count Multimeter mit „3 ¾ digits“. Tischmultimeter haben oft 6 oder noch mehr Stellen, d.h. einen viel hochauflösenderen ADC. Beachten Sie: nur weil viele Stellen angezeigt werden, heisst es noch lange nicht dass die Messung genau ist!

Multimeter vs Oszilloskop

Das digitale Multimeter ist ein sehr wichtiges Messgerät, denn es ist vielseitig einsetzbar und in seinen teureren Versionen auch sehr genau. Ein wesentlicher Nachteil des DMM ist aber, dass es langsam ist (oder mindestens: dass das Display nur einige Mal pro Sekunde aktualisiert wird). Will man schnell ändernde Signale erfassen, so braucht es ein anderes Messgerät: Das Oszilloskop („KO“, „Oszi“, „Scope“). Das Oszilloskop zeichnet einen Spannungsverlauf als Funktion der Zeit auf – typischerweise hat es 2 oder 4 Eingänge, kann also mehrere Signale gleichzeitig erfassen – allerdings eben nur Spannungen, anders als das Multimeter. Es verwendet abgeschirmte Kabel (anders als das DMM), sogenannte BNC-Kabel. Es ist ein deutlich komplexeres Messgerät als das DMM, und darum auch entsprechend etwas schwieriger zu bedienen. Der Vorteil des Oszilloskops ist seine extrem hohe Abtastrate: es kann Signale mit bis zu ca. 1 GHz abtasten, d.h. jede Nanosekunde einen Messwert erfassen (natürlich gibt es Einsteigeroszilloskope die langsamer sind, und spezielle Oszilloskope die noch schneller sind). Man kann also problemlos auch Signale betrachten die lediglich z.B. eine Mikrosekunde lang dauern, was mit einem DMM unmöglich ist. Der Preis den man dafür bezahlt, ist eine stark reduzierte Auflösung. Typischerweise hat ein Oszilloskop lediglich 8 Bit Auflösung. Ausserdem sind Oszilloskope bei der Spannungsmessung deutlich weniger genau als Multimeter (oft 1-3% Messunsicherheit statt 0.01-0.1% bei Multimetern).

Digitalisierung

Einführung

Die Digitalisierung, die wir soeben anhand des Multimeters kennengelernt haben, ist eine extrem wichtige Operation in der Messtechnik: Früher hatten die meisten Messgeräte analoge Anzeigen (Zeigerinstrumente), die nur ungefähr abgelesen werden konnten. Diese Unsicherheit bei der Ablesung besteht bei digitalen Messgeräten nicht mehr. Analoge Signale können ausserdem nicht fehlerfrei übertragen werden – es wird immer kleine Störungen geben, die in die Signale einkoppeln und das Signal verfälschen. Die Digitaltechnik ist hingegen immun gegen Störungen. Es ist daher ein genereller Trend in der Sensortechnik zu früher Digitalisierung zu beobachten: Elektronik + ADC werden oft direkt mit dem eigentlichen Sensorelement vereint, so dass nur noch digitale Signale übertragen werden. Sobald die Messdaten auf irgendeine Art und Weise in einen Computer gelangen sollen (und heute wird hauptsächlich automatisiert mit dem Computer gemessen), so müssen sie auch digitalisiert werden. Es lohnt sich darum, sich ein paar Gedanken über die Digitalisierung zu machen.

Quantisierungsintervall

Wird ein Signal (zB eine Spannung) digitalisiert, so werden aus dem prinzipiell unendlichen Wertevorrat der möglichen Spannungen nur noch gewisse Werte zugelassen – man sagt auch, der Wertebereich wird diskretisiert. Wenn wir annehmen, dass der Messbereich von 0 bis M Volt reicht, und dass es nach der Digitalisierung K verschiedene Werte gibt, so ergibt sich die Auflösung

Δx = M / K (eigentlich K-1, vernachlässigen wir aber)

Man nennt Δx auch das „Quantisierungsintervall“. Sehr oft (aber nicht immer, s. Beispiel Fluke-Multimeter mit 6000 counts) ist der ADC ein sogenannter N-Bit-Wandler, und wandelt das Analogsignal in eine Zahl mit N Bits um. Damit gilt für das Quantisierungsintervall

Δx = M / 2N (eigentlich 2N -1, vernachlässigen wir aber)

Übliche Werte für N sind 8,10,12,16 Bit, es gibt aber auch bis zu 24 Bit-Wandler. Je mehr Bits, desto präziser die Digitalisierung, aber der ADC wird auch entsprechend teurer und langsamer. Ein N-Bit Wandler produziert eine Binärzahl als Output – Binärzahlen kennen Sie eventuell aus der Informatik!?

Aufgabe

Ein Meterstab ist ein wunderbares Beispiel aus dem Alltag bei dem die Diskretisierung auftritt.

Wie gross ist K - die Anzahl möglicher Werte - für einen Meterstab mit 1m Länge und 1cm-Markierungen?

Tipp
Die Aufgabe ist schwieriger als man denkt...
Lösung anzeigen
101 - falls Sie reflexartig 100 gesagt haben, dann denken Sie nochmals darüber nach.
Aufgabe

Wie gross ist die Auflösung dieses Massstabs?

Lösung anzeigen
1 cm.
Aufgabe

Wie gross ist der maximale Fehler den Sie mit diesem Massstab aufgrund der Digitalisierung machen?

Lösung anzeigen
0.5cm - man rundet immer auf den nächsten ganzen cm, d.h. man ist nie weiter als einen halben cm daneben - ganz allgemein ist also der maximal mögliche Fehler halb so gross wie das Quantisierungsintervall.
Aufgabe

Wie gross ist der Fehler nach GUM den Sie mit diesem Massstab machen?

Tipp anzeigen
Da war etwas mit Wurzel 3.
Lösung anzeigen
0.29 cm - der maximale Fehler wird durch Division mit √3 zu einem typischen Fehler gemacht.

Aus dem Alltag kennen wir die Diskretisierung als die Rundung – so weiss man normalerweise nur auf den Zentimeter genau wie gross man ist, d.h. die Auflösung bei der Grössenmessung des Menschen hat ein Quantisierungsintervall von 1cm. Wir Menschen rechnen (meist) mit dem Dezimalsystem; Computer bzw. digitale Elektronik verwendet das Binärsystem - darum müssen wir das Binärsystem verstehen können wenn wir die Angaben zu Messgeräten oder Datenerfassungssystemen verstehen wollen, wie "16 Bit Auflösung".

Aufgabe

Was ist die Binärdarstellung der Zahl 5?

Lösung anzeigen
101
Aufgabe

Welcher Dezimalzahl entspricht die Binärzahl 100101?

Lösung anzeigen
1*1 + 1*4 + 1*32 = 37
Aufgabe

Wie viele Werte kann man mit 10 Bit darstellen?

Lösung anzeigen
210 = 1024

Quantisierungsfehler

Die Digitalisierung ist zwar sehr beliebt, allerdings entsteht dabei immer auch ein Fehler. Ist ein Mensch z.B. 1.817 Meter gross, so wird man üblicherweise feststellen, dass er 1 Meter und 82cm gross sei – und damit entsteht ein Quantisierungsfehler der in diesem Fall 0.3cm beträgt. Da man einen Wert immer entweder auf den nächsthöheren oder nächsttieferen diskreten Wert auf- oder abrunden kann, ist der Quantisierungsfehler Δq gegeben durch Δq = Δx/2. Für einen N-Bit ADC gilt somit

Δq = Δx/2 ≈ M / 2N+1

Dies ist relevant, weil man in der Messtechnik oft vor der Aufgabe steht, ein Sensorsignal mit einem Datenlogger oder mit einem PC zu erfassen. Man muss sich dabei überlegen, welchen maximalen Quantisierungsfehler man tolerieren will, und einen ADC mit einer entsprechenden Auflösung verwenden.

Aufgabe

Machen wir noch ein konkretes Beispiel dafür, wie man in der Praxis die Auflösung bzw. Anzahl Bits anwenden können muss:

Gegeben sei ein Drucksensor mit einem Messbereich von 0 – 1 bar. Er liefert ein Spannungssignal von 0-10V. Ihre Aufgabe ist es, den Druck auf 1 mbar genau zu messen. Es stehen für diesen Messbereich 3 Datenerfassungssysteme mit 8,10 und 12 Bit zur Verfügung – welches wählen Sie?

Tipp anzeigen
"Auf 1mbar genau" ist eine Aussage über den Quantisierungsfehler Δq von oben, nicht über die Auflösung Δx! Sie müssen auch noch annehmen, dass das Datenerfassungssystem gerade den Messbereich 0-10V abdeckt.
Lösung anzeigen
Die Forderung lautet: Δq ≤ 1mbar.

Mit Hilfe von Δq = Δx/2 ≈ M / 2N+1 von oben kann man dies sofort umformen in

2N+1 ≥ M/Δq oder, wenn man auf beiden Seiten den Logarithmus anwendet und die Zahlen einsetzt,

N+1 ≥ ln(1000)/ln(2)

N ≥ ln(1000)/ln(2) - 1 ≈ 8.97

Ein 9-Bit ADC wäre also genügend, aber der steht nicht zur Verfügung, wir wählen also den 10-Bit ADC.

Beachten Sie: bei dieser Aufgabe bin ich davon ausgegangen, dass der ADC gerade den Bereich 0-10V abdeckt. Das muss in der Praxis nicht der Fall sein. Vielleicht kann der ADC von -10...10V messen, dann hat er nur die halbe Auflösung, und diese müsste natürlich berücksichtigt werden!

Im Video zeige ich Ihnen auf einer Webseite eines Herstellers von Datenerfassungssystemen was es für Multifunktions-Datenerfassungssysteme gibt, und wie man die Auflösung als mögliches Kriterium für die Auswahl eines Datenerfassungssystems benützen kann. Natürlich gibt es viele weitere Kriterien für die Auswahl, wie Preis, Anzahl Kanäle, Geschwindigkeit etc.

Digitalisierung und Genauigkeit

Im Beispiel des Drucksensors mussten Sie ein Datenerfassungssystem mit einer genügenden Auflösung auswählen => es sieht danach aus, also ab die Auflösung das entscheidende Kriterium für die Wahl des Datenerfassungssystems ist. Man muss sich jedoch auch fragen: wie gut muss eigentlich die Auflösung sein? Woher kam die Forderung den Druck auf 1 mbar genau messen zu wollen? Oder, um beim Beispiel der Grösse von Menschen zu bleiben: warum wird eigentlich unsere Grösse nur auf 1 cm genau gemessen; wir könnten doch unsere Körpergrösse auch auf 1 mm genau bestimmen? Beim Menschen ist es so, dass die Körpergrösse im Laufe des Tages schwankt (die Bandscheiben werden im Stehen zusammengedrückt, am Abend ist man kleiner als am Morgen). Diese Schwankung beträgt ca. 1cm, es ist also unsinnig, Körpergrössen mit grösserer Genauigkeit/Auflösung zu bestimmen, weil die Messgrösse selber schwankt. Bei der Aufgabe mit dem Drucksensor ist es umgekehrt: der Druckverlauf, der vermutlich wie die Körpergrösse schwankt, soll abgebildet werden; aber der Drucksensor hat wie alle Sensoren eine Messunsicherheit. Wenn die Messunsicherheit beispielsweise 1% beträgt, d.h. 10mbar auf den Messbereich von 1bar, so macht es keinen Sinn, das Sensorsignal viel genauer zu digitalisieren, da die zusätzliche Information die man bekommt sowieso nur unsicher ist. Die Messunsicherheit des Sensors bestimmt also üblicherweise die Auflösung die bei der Digitalisierung angestrebt werden sollte, und mit Hilfe dieser Information kann dann ein geeignetes Datenerfassungssystem gewählt werden. Beachten Sie: Natürlich wäre es schade, wenn die Digitalisierung einen signifikanten Beitrag zur Messunsicherheit liefern würde. Man wählt darum die Auflösung besser als die Messunsicherheit, aber nicht viel besser (zB einen Faktor 2-10 besser, mehr ergibt wieder keinen Sinn. Genau aus diesem Grund sehen Sie bei Messgeräten die Angabe der Messunsicherheit in „digits“. Typisch sind einige (z.B. 3) digits des angezeigten Messwerts. Der Messgerätehersteller hat also die Auflösung in diesem Fall 3x besser gemacht als die Messunsicherheit, bzw. den Digitalisierungsfehler 6x kleiner als die eigentliche Messunsicherheit. Daraus kann man auch sofort abschätzen: wenn Sie ein unbekanntes Messgerät vor sich haben, und keine Ahnung über seine Messunsicherheit haben, dann können Sie mindestens 1 Digit annehmen (oder 2 oder 3); das wird eine vernünftige Schätzung für die Messunsicherheit sein!

Messung von Impedanzen - oder "RLC" Messungen

Die Messungen von Widerständen, Induktivitäten und Kapazitäten (oder allgemeiner: von Impedanzen) ist eine Aufgabe der elektrischen Messtechnik; und wie man Widerstände misst, wissen Sie bereits aus dem Grundlagenlabor.

Diese Messungen sind aber auch als Grundlage für die nichtelektrische Messtechnik besonders interessant, denn viele Sensoren bilden nichtelektrische Messgrössen auf Impedanzänderungen ab - irgendein äusserer Einfluss der nichts mit einer elektrischen Messung zu tun hat - wie Temperatur, Feuchtigkeit, Kraft, Annäherung usw. - führt im Sensor zu einer Änderung eines Widerstands, einer Kapazität oder einer Induktivität. Man führt also die Messung einer nichtelektrischen Grösse auf die viel einfachere Messung einer elektrischen Grösse zurück. Ein Beispiel kennen Sie bereits: Widerstandsthermometer führen die Messung der nichtelektrischen Messgrösse Temperatur auf die Messung eines Widerstands zurück.

Widerstandsmessung mit Konstantstromquelle

Sie kennen bereits die direkte Widerstandsmessung: Dabei wird die Widerstandsmessung im Multimeter auf eine Spannungsmessung zurückgeführt (wie schon die Strommessung). Das Multimeter hat eine interne Konstantstromquelle, die einen bekannten Strom ausgeben kann. Damit wird per U = RI eine Spannung erzeugt, die mit dem ADC gemessen wird, und da I bekannt ist, kann R bestimmt werden. Die Widerstandsmessung ist weniger genau als die direkte Spannungsmessung mit dem ADC, da die Konstantstromquelle nicht unendlich genau ist.

Vierleitermessung

Sie wissen aus dem Grundlagenlabor ebenfalls bereits: Will man Widerstände besonders präzis ausmessen, so stellt man fest, dass sowohl die Zuleitungen zum zu messenden Widerstand wie auch die Kontakte zum Widerstand auch einen Widerstand aufweisen. Diese Widerstände sind zwar „klein“, d.h. meist im Bereich von Zehntel-Ohm, will man aber eine genaue Widerstandsmessung machen, bzw eine Messung eines kleinen Widerstands, so benötigt man eine spezielle Technik: die Vierleitermessung.

Bei der Vierleitermessung werden an jedem Ende des Widerstands zwei Leitungen verwendet – je eine für den („grossen“, bekannten) Messstrom; die andere für eine Spannungsmessung:

Bei der Vierleitermessung fällt über den Kontakten und den Zuleitungen für den Messstrom I zwar eine nicht zu vernachlässigende Spannung ab. Im Pfad der (hochohmigen!) Spannungsmessung hingegen fliesst nur ein sehr kleiner Messstrom IU (viel kleiner als I!), so dass dort der Spannungsabfall über Leitungen und Kontakten vernachlässigbar ist.

Die Vierleitermessung findet Anwendungen bei der Messung von sehr kleinen Widerständen (sogenannten „shunts“ die für Strommessungen eingesetzt werden) sowie bei Präzisionsmessungen von Widerständen.

Messung einer Widerstandsänderung

Nun möchte ich etwas Neues einführen: die möglichst präzise Messung einer Widerstandsänderung. Es gibt viele verschiedene Sensoren, die darauf basieren dass ein Widerstand als Funktion einer Messgrösse ändert (Beispiel: Temperatursensoren, Lichtsensoren, Potentiometer für Wege und Winkel, Dehnmesstreifen für Dehnung, Kraft, Druck, Gewicht usw). Oft stellt sich dann die Aufgabe, eine winzige Widerstandsänderung zu detektieren.

Stellen wir uns vor, dass unser Sensor einen Widerstand von R = 1000 Ω besitzt, der sich um ΔR = 0.1 Ω ändert, d.h. lediglich um ein zehntel Promille. Wie kann man so eine kleine Widerstandsänderung möglichst genau messen?

Es ist naheliegend eine Stromquelle zu benützen (zB I = 1mA) , und den resultierenden Spannungsabfall U = RI = 1V zu messen. Bei einem einfachen Handmultimeter wie dem im mst-Labor gebräuchlichen Roline 525 ist in diesem Messbereich eine Auflösung von 0.1mV zu finden (s. Tabelle unten), die einer Widerstandsänderung von 0.1 Ω entspricht. Kleinere Widerstandsänderungen können dann nicht gemessen werden.

Man könnte nun versucht sein, einen grösseren Strom zu benützen, zB I = 10mA. Dadurch wird das Spannungssignal 10x grösser (10V) - nur nützt dies leider nichts denn dadurch muss der Messbereich des Multimeters angepasst werden, es müsste auf dem Bereich 20V arbeiten, und das Multimeter hat nur noch eine Auflösung von 1 mV, was wieder 0.1 Ω entspricht. Man gewinnt also durch den Einsatz des grösseren Stroms (oder auch eines Verstärkers der das ursprüngliche 1V-Signal verstärkt) in dieser Form nichts! Im Gegenteil, der Widerstand erwärmt sich wegen der Eigenerwärmung höchstens 100x stärker, was wohl eher zu einer Verfälschung der Messung führen kann.

Messen "ab 0" vs. Differenzmessung von zwei grossen Zahlen

Das Grundproblem beim obigen Versuch kleine Widerstandsänderungen zu messen ist folgendes: Man misst zwei „grosse“ aber fast gleich grosse Zahlen (im Beispiel: 1.0000V und 1.0001V), und subtrahiert sie voneinander, und interessiert sich nur für die Differenz der beiden grossen Zahlen. Die Genauigkeit der Messung wird von den grossen Zahlen bestimmt (die Messspannung 1V bestimmt welche Auflösung möglich ist), und die kleine Differenz kann nur ungenau bestimmt werden. Eine Verstärkung des Signals bringt nichts, da dadurch die grossen Zahlen noch grösser werden. Die Verstärkung nützt nur dann etwas, wenn dadurch ein sehr kleines Signal (nahe bei 0) vergrössert wird.

Man versucht also in der Messtechnik möglichst Messprinzipien zu finden, die nicht auf der Differenzbildung von zwei grossen Zahlen beruhen. Es stellt sich also die Aufgabe, sehr kleine Widerstandsänderungen so umzuformen, dass sie leicht gemessen werden können. Man löst diese Aufgabe mit einer sogenannten Messbrücke, einer genialen Schaltung die 1833 von Samuel Christie erfunden wurde. Unfairerweise heisst sie aber die Wheatstonesche Messbrücke, nach Charles Wheatstone, der die Bedeutung dieser Messbrücke erkannt hat und sie populär gemacht hat. Ihre elektrische Schaltung ist im Bild unten dargestellt; man kann mit dieser Anordnung Widerstandsänderungen sehr viel präziser messen als mit der direkten Widerstandmessung die Sie bisher kennengelernt haben. Darum ist diese Schaltung in der Messtechnik von grosser Bedeutung, und ich bespreche sie im Video.

Die Messbrücke

Herleitung Diagonalspannung der Viertelbrücke

Das Letzte was wir noch tun müssen, ist eine allgemeine (algebraische) Gleichung für die Diagonalspannung der Viertelbrücke herzuleiten; d.h. für eine Messbrücke, die aus 3 fixen Widerständen R sowie einem Variablen Widerstand R + ΔR besteht. Versuchen Sie die Diagonalspannung anhand der untenstehenden Aufgaben und Tipps selbst herzuleiten!
Aufgabe

Gegeben sei der folgende Aufbau einer Messbrücke:

Berechnen Sie für eine Viertelbrücke die allgemeine (algebraische) Ausgangsspannung UD (auch Diagonalspannung genannt); Damit Sie dasselbe rechnen wie ich definiere ich noch die "Richtung" der Diagonalspannung: Berechnen Sie sie als UD = UR - UL

Berechnen Sie als erstes die Spannung UL!

Tipp anzeigen
Ein Spannungsteiler mit 2 identischen Widerständen (R und R)!
Lösung anzeigen
...ergibt die halbe Spannung: UL = U0/2.
Berechnen Sie als nächstes, nur wenig schwieriger, die Spannung am rechten Spannungsteiler.
Tipp anzeigen
Es braucht einfach die Formel für den allgemeinen Spannungsteiler, die Sie aus eltU bestimmt kennen.
Lösung anzeigen
UR = U0·(R+ΔR)/(2R+ΔR)
Geben Sie als nächstes die Diagonalspannung der Brücke an, UD = UR - UL. Natürlich können Sie einfach UR und UL von oben einsetzen, aber dann sollten Sie das Resultat noch möglichst schön (vereinfacht) schreiben.
Tipp anzeigen
Eine Differenz von 2 Brüchen muss man gleichnamig machen damit man weiterrechnen kann.
Lösung anzeigen
Macht man die beiden Brüche gleichnamig (mit Erweiterung um 2, bzw. um (2R+ΔR), dann erhält man

UD = U0/2 · ΔR/(2R + ΔR)

Dieser Ausdruck ist richtig für alle Widerstandsänderungen ΔR. Allerdings ist es in der Praxis oft so, dass man nur sehr kleine Widerstandsänderungen hat, d.h. ΔR << R. Versuchen Sie nun noch die Gleichung für den Fall ΔR << R zu vereinfachen, indem Sie auf geeignete Art "etwas Kleines" vernachlässigen.
Tipp anzeigen
Wenn man Näherungsformeln angeben will, dann muss man "das Kleine" vernachlässigen, aber nur dort wo es auch mit etwas Grossem zusammen steht, d.h. wenn es eben gegenüber einem anderen Term klein ist. In der Gleichung kommt zwei Mal ΔR vor, aber nur einmal darf man es vernachlässigen.
Lösung anzeigen
Das ΔR im Zähler steht alleine da, wenn man es wegstreichen würde, dann ergäbe sich UD=0, das wäre zwar auch eine Näherung (weil UD "klein" ist), aber sie wäre zu grob! Stattdessen soll man das ΔR im Nenner vernachlässigen, denn dort steht es zusammen mit 2R, und 2R ist ja laut Annahme der Aufgabe viel grösser als das ΔR. Damit ergibt sich schliesslich:

UD = U0/4·ΔR/R

Die Ausgangsspannung der Brücke ist also näherungsweise linear in der Widerstandsänderung ΔR. Sie können (und sollen) sich das auch gleich als eine Taylorentwicklung von UD(ΔR) vorstellen, die wieder einmal nach dem ersten Term abgebrochen wurde! (Für ganz Motivierte: Berechnen Sie den ersten Term der Taylorentwicklungvon UD(ΔR), indem Sie UD(ΔR) nach ΔR ableiten und bei ΔR=0 bestimmen; und verifizieren Sie dass das mit unserem Resultat übereinstimmt).

Man nennt die in der Aufgabe berechnete Brückenschaltung eine Viertelbrücke, weil der Vorfaktor U0/4 eine 4 im Nenner hat. Es gibt auch Halbbrücken und Vollbrücken, die 2 oder sogar 4 veränderliche Widerstände haben; die Viertelbrücke hatte nur einen veränderlichen Widerstand. Unsere Beispielbrücke wurde mit einer fixen Spannung U0 gespiesen, man kann sie stattdessen auch mit einem konstanten Strom I0 speisen, oder mit Wechselspannung oder Wechselstrom - es gibt also ganz viele Varianten der Messbrücke, und darum kann ein Dozent auch ganz viele verschiedene Prüfungsaufgaben dazu stellen. Die Lösung beruht aber immer auf den gleichen 2 Schritten: um die Diagonalspannung richtig hinschreiben zu können, muss man die Brüche für die Spannungen beider Seiten gleichnamig machen; und danach muss man geeignet ein kleines ΔR vernachlässigen können.

Zusammenfassung

In diesem Theorieblock haben Sie gelernt, wie Sie Angaben bezüglich Auflösung von Datenerfassungssystemen in der Praxis einsetzen können um eine gewünschte Genauigkeit bei einer digitalen Messung zu erreichen; und Sie haben ein ganz wichtiges Element der elektrischen Messtechnik, die Messbrücke, kennengelernt. Diese Messbrücke wird uns im weiteren Verlauf der Vorlesung in vielen Sensoren wieder begegnen, weil man mit ihr Widerstandsänderungen - bzw. allgemeiner auch Impedanzänderungen - viel besser auflösen kann als mit einer direkten Messung.

Ganz wichtig ist auch, dass Sie den Grundgedanken der Messbrücke als allgemeines Prinzip der Messtechnik mitnehmen: es ist nie gut, die Differenz von zwei grossen Zahlen zu messen. Es ist immer viel besser, einen Ausschlag von 0 weg zu messen, da man dadurch viel empfindlichere Messungen realisieren kann. Mit Hilfe der Messbrücke kann diese Idee für Widerstandsänderungen umgesetzt werden; aber das allgemeine Prinzip lässt sich auch auf Aufgaben der Messtechnik ganz allgemein übertragen - so ist es besser, Streulicht von Nanopartikeln in der Luft zu messen anstatt die kleine Intensitätsreduktion eines starken Lichstrahls beim Durchgang durch verschmutzte Luft (s. Übung 5, Aufgabe Opazimeter!).

Lösen Sie bitte im Anschluss an das Theoriestudium die Übung 6!